18.3.06

Einen Menschen wissen...

Einen Menschen wissen,
der dich ganz versteht,
der in Bitternissen
immer zu dir steht,
der auch deine Schwächen liebt
weil du bist sein;
dann mag alles brechen
du bist nie allein.

( Marie von Ebner-Eschenbach)

Die Verwandlung (Aloys Blumauer, 1755-1798)

Nach dem Französischen.

Es wundert dich, daß ein so garstig Ding,
Als eine Raupe ist, zum schönsten Schmetterling
In wenig Wochen wird: - mich wundert's nicht;
Denn wiss', auch manche Schöne kriecht
Als Raupe Morgens aus dem Bette,
Und kömmt als Schmetterling von der Toilette.


Die Tulpe (Josef Guggenmos)

Dunkel
war alles und Nacht.
In der Erde tief
die Zwiebel schlief,
die braune.

Was ist das für ein Gemunkel,
was ist das für ein Geraune,
dachte die Zwiebel,
plötzlich erwacht.

Was singen die Vögel da droben
und jauchzen und toben?
Von Neugier gepackt,
hat die Zwiebel einen langen Hals gemacht
und um sich geblickt
mit einem hübschen Tulpengesicht.

Da hat ihr der Frühling entgegengelacht.

Mir ist auf der Straße...

"Mir ist auf der Strasse
ein sehr armer, junger Mann begegnet,
der verliebt war.
Sein Hut war alt,
sein Mantel abgetragen;
Wasser rann durch seine Schuhe.
Aber Sterne zogen durch seine Seele."
(Victor Hugo)

Vater und Kind (Friedrich Schnack)

Kleine Hand in meiner Hand,
ich und du im jungen Grase,
ich und du, im Kinderland
gehn wir auf der langen Straße:
deine Hand in meiner Hand!

Kleine Hand in meiner Hand,
die einander zärtlich fassen:
ich und du, nichts hat Bestand.
Einmal, ach, muß ich dich lassen,
kleine Hand, aus meiner Hand.

Kleine Hand in meiner Hand,
kleiner Schritt bei meinem Schritt,
kleiner Fuß im weiten Land:
Einmal geh ich nicht mehr mit.
Einmal gehst du ohne mich,
wie ein Traum mein Bild verblich.

7 Jahre (Mascha Kaléko)

In den weisen Büchern habe ich gelesen:
Alle sieben Jahre wandelt sich Dein Wesen.
Alle sieben Jahre, merket Mann und Weib,
wandelt sich die Seele, wandelt sich der Leib.

Wandelt sich Dein Hassen, wandelt sich Dein Lieben.
Und ich zählte heimlich: drei Mal, vier Mal sieben.
Ach, die Geister kamen. Und mein Ohr vernimmt:
Alle sieben Jahre ... Siehe da, es stimmt.

Sorgenvoll betracht ich alle Liebespaare.
Ob sie es wohl wissen: Alle sieben Jahre ... !
Selbst in Deinen Armen fragt mein Schatten stumm:
Wann sind wohl, Geliebter, unsre sieben um?